Objekt des Monats: Oktober

Daktyliothek

Diesen Monat stellen wir euch ein Objekt aus unserer Sammlung vor: eine Daktyliothek. Daktyliotheken gibt es seit der Römischen Antike als Sammlungen von Siegelringen. Sie entwickeln sich schnell zu Sammlungen von Abdrücken geschnittener Schmuck- und Edelsteine. Im Zuge des Klassizismus, der Antikenbegeisterung und der Sammelleidenschaft des 18. und 19. Jahrhunderts entwickeln sich solche Daktyliotheken zu einem „must-have“ für das Bildungsbürgertum.

Besonders Abgüsse aus Gips, Siegellack, Schwefel oder Wachs sind für aufstrebende Unternehmer*innen erschwinglich, da die Originale nur für viel Geld in Sammlungen von Adligen zu erwerben sind. Originale aus Edelsteinen werden als Gemmen, geschnittene Steine, bezeichnet. Aus diesem Wort entwickelt sich die englische Bezeichnung für Edelstein: gem. Gemmen können entweder das Abbild als Relief zeigen (Kamee) oder vertieft eingeschnitten (Intaglio). Steinschnitte existieren bereits seit dem 5. Jahrtausend vor Christus und sind zu Zeiten des Alten Ägypten bereits meisterhafte Kunststücke. In der Antike werden Gemmen als Siegelringe benutzt, durch das Voranschreiten der Steinschneidekunst dann als Schmuck- und schließlich Sammelstücke. Die Steine passen sich in ihrer Farbauswahl der Mode der Zeit an und von der Antike bis in die Neuzeit glauben Menschen an magische Kräfte der Steine.

Die Abbilder belehren die Menschen über Geschichte, Kunst und Mythologie aus der Antike. So sind viele Statuen, obwohl die Originale zerstört oder verschollen sind, den Menschen durch ihre Abbilder in Daktyliotheken bekannt. Dementsprechend werden Dakytliotheken für Schulen und Bildungsinstitutionen genutzt und eine zu besitzen gilt als Zeichen eines gebildeten und reichen Menschen - als Statussymbol für die eigene Bildung und das Geld, was dafür investiert werden musste.

Das trifft sicherlich auf Georg Bodemer (1807 – 1888) zu, dem wir unsere Daktyliothek zu verdanken haben. Als aufstrebender Zschopauer Unternehmer verschreibt er sich, passend zu seinem Stand, der Philanthropie und der Unterstützung von Bildungsinstitutionen. In dem Zusammenhang steht vermutlich auch diese Daktyliothek. Es sind Gipsabgüsse mit den unterschiedlichsten Themen, von Mythologie über Natur zur Philosophie. Sie sind allesamt als Kameen dargestellt, mit einem Relief, was aus dem Gips herausragt.

So könnte die 312, als erster Stein in der zweiten Reihe, den römischen Kaiser Hadrian (76 – 138 n. Chr.) darstellen. Er gilt als friedlicher Kaiser, der für den Bau des Hadrianwalls, zwischen dem heutigen Schottland und England, und den Bau der Engelsburg in Rom verantwortlich ist. Zudem kennt er durch seine ausführlichen Reisen sein Imperium so gut wie kaum ein anderer römischer Kaiser. Mithilfe solcher Abgüsse von Gemmen lässt sich somit die Geschichte greifbarer darstellen und die Erinnerung bewahrt sich über Jahrtausende.